Samstag, 24. September 2016

Schadenersatzpflicht für randalierende Zuschauer gegenüber Vereinen



Vereine können zukünftig Verbandsstrafen, welche sie durch das Fehlverhalten von Zuschauern auferlegt bekommen haben, an die ermittelten Täter weiterreichen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 22. September 2016 festgestellt. 

Im vorliegenden Fall hat der VII. Zivilsenat bejaht, dass ein Zuschauer die auf Grund seines Fehlverhaltens durch den Verein gezahlte Verbandstrafe an den Verein in Form von Schadensersatz erstatten muss. 



Der Beklagte hatte während eines Spiels in der 2. Bundesliga zwischen dem 1. FC Köln und dem SC Paderborn am 9. Februar 2014 im RheinEnergieStadion in Köln einen Böller gezündet. Der Böller, welcher auf Grund der Sprengenergie dem Sprengstoffgesetzt unterfällt, war während der zweiten Halbzeit von dem Beklagten vom Oberrang des Stadions auf den Unterrang geworfen worden und verletzte bei seiner Detonation sieben Zuschauer.

Die Klägerin betreibt die Lizenzspielabteilung des 1. FC Köln. Gegen die Klägerin wurde wegen des Fehlverhaltens des Beklagten und weiterer vorausgegangener Vorfälle eine Verbandsstrafe durch das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) verhängt. Die Klägerin bezahlte die Strafe und verlangt diese anteilig vom Beklagten als Schadensersatz zurück. 

Nachdem das Landgericht der Klage zunächst stattgegeben hatte, wurde die Klage auf die Berufung des Beklagten vom Oberlandesgericht abgewiesen. Die Richter des Oberlandesgerichts sind der Ansicht, dass der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen der Verletzung des zwischen dem Beklagten und der Klägerin bestehenden Zuschauervertrages auf der einen Seite und der Verhängung der Verbandsstrafe durch den DFB auf der anderen Seite fehle. 

Der BGH hat diese Entscheidung nunmehr aufgehoben und eine Schadensersatzpflicht des Beklagten bejaht. Der BGH geht bei seiner Entscheidung davon aus, dass jeden Zuschauer die Verhaltenspflicht trifft, die Durchführung des Fußballspiels nicht zu stören und ein Störer bei Verstößen für die folgenden Schäden haften muss. Als Folgeschaden ist auch die durch die Verbände zu verhängende Strafe anzusehen, dass diese gerade wegen der Störung durch den Zuschauer verhängt wird und damit mit der Störung im inneren Zusammenhang steht. 

Der BGH hat die Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das OLG muss nunmehr noch die weiteren Schadensersatzvoraussetzungen prüfen und dann erneut entscheiden. 

Die Vereine begrüßten die Entscheidung. Wohingegen in den Fan-Verbänden Unverständnis geäußert wurde. Ob die Entscheidung wirklich dazu führt, dass weniger Randalierer im Stadion aktiv sind, bleibt abzuwarten.
 

BGH-Urteil vom 22. September 2016 - VII ZR 14/16 

Der Autor, Rechtsanwalt Vincent Aydin, ist Mitglied von MEA Rechtsanwälte in Kooperation. www.mea-ra.de. Rechtsanwalt Aydin vertritt Sie in straf- und zivilrechtlichen Angelegenheiten.


Freitag, 23. September 2016

Piraten haben es schwer

Mit dem Abschneiden der Piraten Partei bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen wurde einmal mehr deutlich wie schwer das Leben eines Piraten ist. Dabei haben die politischen Freibeuter es vergleichsweise mit Luxusproblemen zu tun. Weltweit agierende Produktpiraten leben nicht nur mit einem Bein im Knast sondern müssen sich auch permanent an die Designer der großen Firmen, die sie kopieren, anpassen. Da kann einiges schief gehen.

Produktpiraterie ist trotz der politischen Ächtung beliebt. Schnell lässt sich für wenig Geld, die teure Uhr, die exklusive Handtasche im Internet bestellen. Auch auf Straßenmärkten winken die vermeintlichen Schnäppchen und das obwohl Polizei, Medien und Politik immer auf die Gefahren von möglichen Strafen auch für die Käufer bis zu gesundheitlichen Schäden hinweisen. Doch die Produktpiraten sind nicht tot zu kriegen. Auch der Sportbekleidungsmarkt leidet unter den Angriffen der Textil-Freibeuter. Kaum ein Produkt der großen Firmen wie Adidas, Nike und Puma, welches nicht auf dem Schwarzmarkt, teilweise in erstaunlich guter Qualität auftaucht. Die Schäden die den original Herstellern allein in Deutschland entstehen werden nach Schätzungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages auf 50 Milliarden Euro geschätzt.  

Original, Fake und Funfake


Produktpiraten müssen dabei auf einen komplett eigenen Produktions- und Vertriebsweg zurückgreifen. Eine Form der organisierten Kriminalität. Bei Textil Produkten fällt neben China auch immer der Name der Türkei. Fast jeder Türkei-Urlauber kann davon berichten, dass beim Schlendern über Märkte in Istanbul oder in den Touri-Zentren von Antalya und Alanya offensichtlich gefälschte Produkte angeboten werden. Zu Preisen, bei denen es schwer fällt Nein zu sagen. Zu dem wenn die Qualität der Produkte denen des Originals immer öfter in nichts nach stehen.


Das Angebot der Produktpiraten in der Türkei lässt sich dabei in drei Gruppen gliedern. In einer Grauzone befinden sich Originalprodukte, die auf den Märkten des Landes angeboten werden. Denn die Textilherstellung in der Türkei ist ein wichtiger wirtschaftlicher Motor im Land. Allein 2015 wurde durch Importe der legalen Textilbranche, nach Zahlen des Wirtschaftsministeriums der Türkei, ein Umsatz von fast 25 Milliarden US Dollar erzielt. Somit macht die Branche 17% des gesamten Export Volumens der Türkei aus. Dabei hat die Textilverarbeitung in der Türkei Tradition, die Anbieter liefern qualitativ hochwertige Ware und produzieren ganz legal für weltweit agierende Firmen, auch im Sportbereich für Adidas, Puma oder Nike. Auch viele Fußballvereine sind dazu übergegangen ihren eigenen Merchandising-Stuff zu produzieren und auch hier kommt die Türkei ins Spiel. So werden Fanutensilien für Bayern, Dortmund, Schalke und Co. längst in der Türkei hergestellt ehe sie in den bundesdeutschen Arenen ihre Fans finden. Aufmerksame Besucher der Wochenmärkte in den Textilzentren Istanbul und Bursa bemerken die regelmäßige Schwemme von Merch-Stuff der Bundesliga Klubs. Und so sind diese Produkte, die dann für ein paar Lira auf den Märkten als billige modische Kleidungsalternative über den Tisch gehen, genau genommen keine Piraterie-Produkte. Bei der Herstellung für die Abnehmer im fernen Deutschland wird die Qualität gecheckt und Produkte mit leichten Mängeln landen flugs auf den Märkten der Umgebung. Deshalb nicht wundern, wenn ganze Schwärme von Jugendlichen in den Vororten der türkischen Großstädte zu mindestens äußerlich auf einmal zu Schalke oder Köln Fans mutieren. Es handelt sich hierbei nur um Kinder preisbewusster Eltern, die billig für Europa produzierte Ware abstauben. Die Mängel der Waren sind dabei erst auf den zweiten oder dritten Blick zu erkennen.

T-Shirt Rücken Aufdruck: Hier ist wohl jemand Inter-Fan 


Die Touri-Falle


Den weitaus größten Teil der Piratenprodukte findet man ebenfalls auf den Wochenmärkten der Großstädte, aber auch auf den gut sortierten und schön zu recht gemachten festen Verkaufsständen in den Touristen-Gebieten im Süden des Landes. Hier sind echte Piraten am Werke. Die Produkte werden eins zu eins kopiert, dabei gibt es qualitative Unterschiede, manche Kopien sind auch für Fachleute kaum noch vom Original zu unterscheiden. Der Preis des Adidas-Sweaters gibt dabei am ehesten Aufschluss über die Echtheit der Ware. Die Hersteller dieser Produkte sind zumeist Firmen, die schon seit Jahren im Business sind und ihr Know-How einsetzen um möglichst gute Kopien herzustellen. Die Erfahrung aus Jahrzehnte langer Produktion für Europa kann da sehr hilfreich sein. Skurril wird es dann, wenn europäische Zollbeamte vermeintliche Piraterie-Produkte an den europäischen Grenzen beschlagnahmen, obwohl es sich dabei um Originale handelt. Die Geschichte eines Galatasaray-Fans der zur Europameisterschaft nach Frankreich mit einem Gala-Trikot wollte war eine beliebte Story, die die Hilflosigkeit der Beamten im Kampf gegen Produktpiraterie vor Augen führte. ( siehe: EM-Reisende aufgepaßt! )

Vereinslogo ist ein Muß, oder? 



Mit Phantasie


Die dritte Kategorie der Produktpiraten ist die interessanteste. Hierbei handelt es sich um „ Merdiven altı“ Produkte. Auf Deutsch: Produkte die unter Treppen hergestellt wurden. Damit werden Firmen, die sich in kleinen Klitschen eingerichtet haben beschrieben. Schon die Produktionsstätten sind zumeist illegal. Die Inhaber besitzen wenig Erfahrung in der Branche und spezialisieren sich ganz auf Billigprodukte. Die Qualitätsunterschiede zum Original sind hierbei offensichtlich. Schon an den Logos wird der Schwindel klar. Ausfransungen, schiefe Buchstaben und sehr rudimentäre Verarbeitung fallen ins Auge. In den Merdiven-altı Fabriken arbeiten zumeist sehr junge Arbeiterinnen ohne jegliche Ausbildung an veralteten Maschinen bis zu 16 Stunden am Tag. Qualitätskontrolle gibt es hier nicht. So sind auch oft die Produktnamen fehlerhaft, da wird dann aus Adidas, auch schon mal Adiwas. Das führt zu einem ungewollten Charme der Produkte und macht sie zu Unikaten in der auf Marken fixierten Welt.  Ein besonderes schönes Exemplar dieser Produkte befindet sich seit geraumer Zeit auch in meinem Besitz.


Ja, ich gestehe, ich habe gesündigt. Doch wer kann schon widerstehen bei einem blau-weiß gestreiften Sport-Shirt. Hinten steht in großen Lettern: FC Internationale.   Wann hat Inter zuletzt blau-weiß gestreift getragen? In den 70igern? Vorne ist das zugegebenermaßen etwas entfremdete Logo von Inter aufgestickt. Und zwar so, das sich das Shirt dort immer kräuselt, da es nicht richtig aufgesetzt wurde. Abgerundet wird das Meisterstück der Produktpiraterie des europäischen Spitzenfußballs mit einem an das Logo der italienischen Liga anmutenden Italia-Emblem am Arm. Das vorne noch ein kleines an Nike erinnerndes Logo zu sehen ist, war wirklich nicht kaufentscheidend. Ich schwöre. 

Auf den Arm, muss noch ein Logo. Mach schnell!
     

Donnerstag, 15. September 2016

Mit Handikap auf Liberalisierung wetten

„Handikap“ hatte die türkische Polizei passend ihren Schlag von letzter Woche gegen einen illegalen Wettanbieter getauft (tumds berichtete: Razzia gegen illegale Wettanbieter). Die Beamten landeten damit den größten Erfolg in der Geschichte der Türkei gegen illegales Wetten. "Handikap" könnte nun aber auch zu einer Liberalisierung der Politik in Bezug auf Sportwetten führen. 

Gestern berichtete die grösste regierungsnahe Boulevard-Zeitung Habertürk über die Hintergründe der Handikap Aktion. Neben den schon Festgenommen 39 Personen sollen die Besitzer des illegalen Wettanbieters noch gesucht werden. Sie sollen aus England und aus Nordzypern stammen. Habertürk zu Folge soll auf der Fahndungsliste ganz oben der Engländer Scott William Matterson stehen, ihm wird vorgeworfen Chef der ganzen Organisation zu sein. Scott soll zu dem in einer Führungsposition eines legalen Wettanbieters in England tätig sein. Gegen ihn und weitere Verdächtigte ist ein internationaler Haftbefehl erlassen worden. Brisant auch: Unter den Kunden des illegalen Wettanbieters sollen sich auch Fußballer und Ehepartner von Fußballern befinden. In der Türkei steht auch das Wetten außerhalb des legalen Angebotes unter Strafe.




Dem Bericht von Habertürk zu Folge  wird der Verlust den der türkische Staat durch entgangene Steuereinnahmen erlitten im Rahmen von illegalen Wetten hat auf 1 Milliarde Dollar jährlich geschätzt. Und genau dieses Detail lässt aufhorchen. Denn hier schreibt eine regierungsnahe Boulevardzeitung und kein oppositionelles Blatt. Die Herausstellung der vermuteten Verluste im Rahmen der Steuer durch illegales Wetten in der Türkei ist keine Kritik an der Regierungspolitik, das wäre von Habertürk auch nicht zu erwarten. So ist viel mehr davon auszugehen, das durch die Lancierung dieser Information in einem regierungsnahen Blatt, Öffentlichkeit geschaffen werden soll. Der gleiche Artikel wurde gestern zu dem von unzähligen weiteren Boulevardmedien wortgetreu übernommen und die Kommentarspalten der Intermedien sprechen dort eine deutliche Sprache. Die Kommentatoren fordern angesichts der hohen zu erwartenden Einnahmen eine Änderung der Politik gegenüber Wettanbietern und eine Liberalisierung. Zu dem wird der staatliche Wettanbieter Iddaa kritisiert, der u.a. noch nicht einmal die beliebten Live-Wetten anbiete und auch sehr schlechte Quoten habe. So ist neben der Berichterstattung über „Handikap“, auch die Art der Berichterstattung zu beobachten. In der Türkei werden politische Entscheidungen nicht durch öffentliche langandauernde Diskussion gefällt, sondern hinter verschlossen Türen in den Zentren der Macht. Dabei greifen die Verantwortlichen auf Meinungen die in Medien lanciert werden und die Reaktionen darauf zurück. Deshalb sind die Kommentarspalten so etwas wie eine halboffene Umfrage. Und hier wird eben eine Liberalisierung von den meisten Kommentatoren positiv bewertet und auch die religiöse Komponente wird betrachtet. Da das Wetten an sich „Günah“ und damit nicht koscher sei, dürfe der Staat auch keine eigenen Wetten anbieten, da er dies aber tue, wäre es töricht die Einnahmen aus Wetten zu einem großen Teil an illegale Anbieter zu verlieren. Mein Tipp: Legale Wettanbieter aus Europa sollten jetzt schon den türkischen Markt aufmerksam beobachten.    

Weiterführende Artikel



Razzia gegen illegale Wettanbieter


Wettbuden gehören heute zum Stadtbild fast aller europäischen Städte. Bei einem Besuch in der Türkei fällt das Fehlen dieser sofort ins Auge. Denn in der Türkei gibt es ein staatliches Monopol, welches durch Spor Toto unter der Marke Iddaa vermarktet wird. Deshalb gibt es keine privaten Wettanbieter. Konkurrenz bekommt Iddaa nur durch illegale Anbieter. Doch wie groß dieser Markt ist, zeigt eine Polizeirazzia von gestern, bei der eine Gruppe von illegalen Wettbetreibern durch die Polizei ausgehoben wurde. 1, 5 Milliarden Dollar soll hier illegal durch Sportwetten erwirtschaftet worden. ...



tumds.blogspot.de - 8 September 2016, Donnerstag



"Völlig inakzeptable Konstellation für die Amateurvereine"


Winterpausen und Sommerpausen bieten Zeit zur Reflexion. So tat es auch Zeit Online Autor Fabian Scheler. In einem viel kommentierten Artikel widmete er sich in der letzten Winterpause der Zweiklassengesellschaft im Fußball. In dem "Sie spielen ein anderes Spiel" betitelten Bericht kam auch Vaha Co-Founder Harald Aumeier zu Wort und kritisierte den unterschiedlichen Umgang der Zulassung von Wettanbietern im Profi- und im Amateur-Fußball. ...

tumds.blogspot.de - 21 Mai 2016, Samstag


Sportwetten & Groundhopping


Wie schrieb Nick Hornby sinngemäß? - Er leide jedes Mal und es tue ihm weh. Er erlebe Frust und Schaudern. Es deprimiere ihn mal für mal - Und doch gehe er jede Woche hin.' Fußball fasziniert und deprimiert zugleich. Und das Internet hat das Dilemma nicht verbessert. ...

tumds.blogspot.de - 29 Januar 2014, Mittwoch

Donnerstag, 8. September 2016

Rechtsexremismus und Kampfsport

Rechtsextremisten lassen sich in vielen gesellschaftlichen Gruppen verorten. Doch manche Gruppen wir z.B. die Kampfsportszene sind besonders affin. Im Rahmen einer Kampfsportveranstaltung der  Mixed Martial Arts (MMA) am 27. August in Leipzig widmete sich der „mdr“ diesem Thema. Dazu hat der mdr auch mit Fanfoscher  Robert Claus gesprochen.

In dem knapp sechs minütigen Interview berichtet Robert Claus, wie im Kampfsport unterschiedliche Szenen ineinander greifen und Rechtsextreme an Einfluss zu gewinnen versuchen.  „Der Einfluss rechtsextremer im MMA wächst. Es gibt mehrere Marken und Kleidungslabel die versuchen als Sponsoren aufzutreten und die versuchen Events zu sponsern und dort ihre Kämpfer hinzuschicken und dort gewaltaffines tendenziell rechtes Publikum anzusprechen. Neonazis versuchen MMA und den wachsenden MMA- und Kampfsportmarkt auch für sich zu erschliessen.“ Zu dem zeige, laut Claus, der Angriff auf den Leipziger Stadtteil Connewitz im Januar 2016, wie etabliert die Netzwerke aus Mitgliedern rechtsextremer Parteien und Kameradschaften, hin in die Fußballfanszene bis hin ins Spekrum von Gewalttätern wie Hooligans und bis zu Kampfsportlern sind.



Das gesamte Interview könnt ihr hier sehen. 




Den Beitrag des mdr „Die Randalier von Connewitz“ gibt es hier zusehen.